Von Vulkangoettern und Teufelsnasen

Unser Weg fuehrte uns weiter auf der Andenkordillere entlang in Richtung Sueden, und den naechsten Stopp legten wir am Donnerstag in der gut 180.000 Einwohner zaehlenden Stadt Riobamba ein. Nach den winzigen Doerfern auf dem Quilotoa-Loop und dem beschaulichen und von vielen schoenen Kolonialbauten gepraegten Latacunga kamen wir damit wieder in eine groessere Stadt, die auf den ersten Blick laut, schmutzig und wenig attraktiv war.

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Bei etwas genauerem Hinsehen entdeckten wir bei unserem nachmittaeglichen Stadtspaziergang aber doch noch einige ganz schoene Ecken und ausserdem waren wir auch nicht wegen der Stadt an sich, sondern wegen der nahegelegenen hoechsten Erhebung Ecuadors, dem 6.130 Meter hohen Vulkan Chimborazo, gekommen.

 

So buchten wir uns fuer den darauffolgenden Tag eine Mountainbiketour, bei der wir auf der Flanke des Vulkans ueber 40 Kilometer in Richtung Tal fahren sollten. Am naechsten Morgen wurden wir von unserem Guide im Gelaendewagen abgeholt und fuhren etwa eineinhalb Stunden, vorbei an mehreren Gruppen der mit Lamas verwandten Vicuñas, zu einer Berghuette in 4.800 Metern Hoehe. Bevor es auf die Raeder ging, hiess es ersteinmal noch ein Stueckchen wandern, da wir die zweite Berghuette auf 5.000 Metern ueber Null, und damit den bisher hoechsten Punkt unserer gesamten Reise, erreichen wollten. Auf dem etwa einen Kilometer langen Stueck durch den Schnee kamen wir wegen der duennen Hoehenluft ganz schoen ins Schnaufen und oben angekommen sahen wir von dem majestaetischen Berg, der von den hier lebenden Indios als Gott verehrt wird, genauso viel wie von weiter unten, naemlich gar nichts! Dichter Nebel umgab fast den gesamten Vulkan, aber trotzdem war es ein schoenes Erlebnis in der Berghuette zu sitzen, die zurueckkehrenden erfolgreichen Gipfelstuermer in voller Montur zu sehen und das alles auf einer Hoehe, die sich knapp zweihundert Meter ueber dem Gipfel des Mont Blancs befindet. Wir konnten sozusagen auf ganz Europa herabblicken, ein witziges Gefuehl! Tatsaechlich ist der Gipfel des Chimborazo wegen seiner Naehe zum Aequator auch noch der Punkt der Erdoberflaeche, der am weitesten vom Erdmittelpunkt entfernt ist, wobei er seinen grossen Bruder, den Mount Everest, um gute zwei Kilometer uebertrifft. So gerechnet ueberragten wir auf unserer dortigen Position also auch noch den hoechsten Berg der Welt!

 

Aber wir waren ja weder zum Sinnieren noch zum Bergsteigen hier, sondern zum Mountainbiken! Also machten wir uns bald wieder an den Abstieg zur ersten Huette, wo wir uns ausgeruestet mit Helm und Schonern auf die Raeder schwangen. Es folgte eine Vielzahl von rasanten Abfahrten, groesstenteils abseits der asphaltierten Bergstrasse, auf denen wir beide ganz schoen durchgeschuettelt wurden. Zwischendrin legten wir immer wieder kurze Stopps ein, um die schoene Landschaft zu bewundern und um den maechtigen Vulkan in unserem Ruecken zu bestaunen, der sich jetzt am spaeten Vormittag doch noch fast ohne Wolken praesentierte. Waehrend Tianne es etwas ruhiger angehen liess, versuchte ich, um den Spassfaktor zu erhoehen, moeglichst schnell hinunter in Richtung Tal zu kommen, was zur Folge hatte, dass ich ein Mal eine unkonventionelle Notbremse mit der Schulter auf dem Boden hinlegen musste, um nicht in eine tiefe, vom Regenwasser ausgespuelte Rinne zu stuerzen. Nach insgesamt vier Stunden auf den Drahteseln kamen wir nach einem letzten Stueck von etwa acht Kilometern ueber Asphalt im kleinen Ort San Luis an, von wo aus wir mit dem Auto wieder zurueck nach Riobamba fuhren. Im Hotel angekommen fielen wir mit schmerzenden Koepfen und Gliedern und einer neuen Erkenntnis in die Betten: Auch bergab kann verdammt anstrengend sein!

 

Am naechsten Morgen war Markttag in Riobamba angesagt und wir nutzten die Gelegenheit, uns das bunte Treiben zwischen den ueberall in der Stadt aufgebauten Staenden anzuschauen. Besonders spannend war das grosse Angebot an lebenden Nagern zwischen den Staenden mit Gemuesen, Fruechten, Klamotten und Alltagsgegenstaenden. Hunderte von Kaninchen und Meerschweinchen tummelten sich in mehr oder weniger grossen Kaefigen und wurden lautstark von den Verkaeufern angepriesen. Als sogenanntes „Cuy“ landen letztere hier gerne geroestet auf dem Teller, bisher hatten wir aber noch nicht die Gelegenheit, diese traditionelle Spezialitaet zu probieren.

 

Als sich der Hunger meldete, gingen wir in eine kleine Markthalle, in der staemmige Frauen Teile der vor ihnen auf dem Tresen aufgetuermten ganzen geroesteten Schweine anpriesen. Kaum hatten wir die Halle betreten, wurden wir auch schon von den wetteifernden und uns mit Krustenstuecken heranwinkenden Verkauferninnen umworben. Etwas ueberrumpelt von diesem Friedhof der koestlich krossen Ruesseltiere entschieden wir uns schnell fuer den erstbesten Stand, dessen Verkaeuferinnen uns auch direkt ein Stueckchen Fleisch zum Probieren reichten. Nach dem koestliche Mahl, das mit gequollenem und gekochtem weissen Mais und Salatbeilage gereicht wurde, machten wir uns auf den Weg zum Busbahnhof, um ins 90 Kilometer suedlich gelegene Alausi zu fahren.

 

Dort angekommen ging es sogleich zum kleinen Bahnhof, um zwei Tickets fuer die Zugfahrt ueber die „Nariz del Diabolo“ (Teufelsnase), die einzige wirkliche Attraktion der kleinen Stadt und eine der groessten Touristenattraktionen des Landes, zu kaufen. Am naechsten Morgen standen wir also puenktlich um halb acht wieder am Bahnhof und bestiegen kurz darauf einen der drei hoelzernen Waggons des Zuges. Die Fahrt fuehrte bei herrlichem Wetter durch die wunderschoene Berglandschaft, die wir leider nicht vom Dach des Waggons aus geniessen konnten, da das Sitzen dort vor kurzem leider verboten worden war. Kurz bevor wir nach etwa einer Dreiviertelstunde das Ziel, den kleinen Ort Sibambe erreichten, musste der Zug die „Nariz del Diabolo“, einen extrem steilen Hang aus massivem Fels, ueberwinden. Dort konnten wir dann auch nachvollziehen, warum die Konstruktion dieser Bahnstrecke zu den kompliziertesten in der Geschichte ueberhaupt zaehlt. Langsam wand sich der Zug im Zickzack den Abhang hinunter, der mit ein wenig Phantasie tatsaechlich an ein Gesicht mit besonders langer Nase erinnert, und wechselte dabei zweimal die Fahrtrichtung.

 

In Sibambe angekommen wurden wir von einigen fuer uns tanzenden Bewohnern einer nahegelegenen Dorfgemeinschaft empfangen, und ich kam nicht darum herum, einige Runden mit einer der traditionell gekleideten Taenzerinnen zu drehen, bevor es mit dem Zug wieder die Teufelsnase herauf und zurueck nach Alausi ging.

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Kommentare: 3
  • #1

    Alex (Mittwoch, 14 Dezember 2011 11:39)

    Da habt ihr reinhold und dem jeti mal gezeigt was nen hoher Berg ist. ;) großes Kino. Die meerschweinchen sollen ja ganz gut schmecken. Nen Mädel aus meinem Semester erzählte mir davon:) witzig wenn man das den ganzen Hobbyzüchtern aus deutschland mal zeigen wurde:).
    Auf grosse Nachfrage der Familie möchte ich euch schon jetzt bitten den ganzen Blog als Buch zu erfassen und in den deutschen reiseliteraturbestsellerlisten richtig abgehen zu lassen;) ich würde es kaufen. Natürlich nehm ich es auch geschenkt, das sollte nur andeuten das die Nachfrage auf dem Markt nach interessanter Weltreiseliteratur groß ist;)
    Ich hoffe ihr habt eine schöne zeit und kommt heil nach mechiko

  • #2

    muddi (Samstag, 17 Dezember 2011 12:39)

    ich schliess mich dem Alex an,bin grade nicht so bei der Sache wegen all den Arztterminen und Partys.Auf jeden Fall -das mit der Reisebuchgeschichte hatten wir ja schon vor ein paar Wochen.Das muss sein,würde ich auch kaufen.Bussi Muddi

  • #3

    Juicer Review (Sonntag, 21 April 2013 08:13)

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