Estancia "La Sirena"

Um das typische uruguayische Farmleben kennenzulernen, haben wir uns vier Tage auf einem abgelegenen Bauernhof in der Pampa eingemietet.

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Im Preis inbegriffen war nicht nur die Unterkunft in einem Gaestehaus neben dem malerischen Hauptgebaeude, Anfang des 19. Jahrhunderts erbaut, sondern auch der Familienanschluss bei unseren entzueckenden Gastgebern Lucia und Rodney und ihren drei zuckersuessen Labradoren.

Am ersten Tag konnten wir beim Verladen von ca. 40 schlachtreifen Hereford-Rindern helfen. Die Aktion war gar nicht so einfach, denn die Viecher sind aeusserst menschenscheu und denken nicht daran, freiwillig in den Ohrmarkenkontrollierungsverschlag oder auf den Laster zu gehen. Angel, der Knecht, stiess unaufhoerlich merkwuerdige Bruell-Grunzlaute aus und knallte mit seiner Lederknute, um die rotbraunen stirngelockten Kuehe in die richtige Richtung zu bugsieren. Trotzdem machte staendig eins der Rindviecher, das eigentlich schon drin war, kehrt und die ganze Herde legte daraufhin den Rueckwaertsgang ein. Schliesslich war es doch geschafft - eigentlich eine traurige Sache, aber so ist das Leben eben, ungluecklicherweise sind die Viecher nicht besonders schlau (dem Blick nach zu urteilen), dafuer aber besonders lecker. Die beaufsichtigende Tieraerztin meinte nur ganz trocken "Tomorrow they will turn into delicious Hamburgers!". Immerhin hatten die Tiere ein freilaufendes Traumleben auf den riesigen saftigen Weideflaechen der Ranch.

Anschliessend ging es auf unseren ersten Ausritt in die Pampa! Der Butzi sattelte auf einem anfaengerfreundlichen Gaul namens "Dormilon" = "Der Schlaefrige", ich hatte ein etwas feurigeres Modell unterm Hintern. Leider musste "Chespera" allerdings nach dem zweiten Tag mit mir wegen eines Fuss-/Beinproblems ausgetauscht werden, und die Ersatzmaehre stolperte auch bald staendig ueber die eigenen Fuesse. Sollte ich ein besonderes Talent zum Pferdekaputtreiten haben?? Unsere Erkundungstouren hoch zu Ross ueber die riesige Ranch an uralten Baeumen vorbei, durchs Unterholz, durchs Gestruepp und ueber Wiesen bis zum Fluss waren jedes Mal traumhaft schoen, und sogar der Butzi, bekennender Pferdehasser, musste zugeben, dass es ihm Spass gemacht hat. Obwohl keiner vom Pferd gefallen ist, gab es allerdings dennoch einige Verluste zu beklagen. Butzi ist seine Jacke heruntergefallen und der bloede Klepper schafft es natuerlich, genau auf das in der Tasche befindliche Brillenetui samt Brille zu latschen. Zum Glueck war ersteres so erstaunlich haltbar, dass die Brille nur etwas verbogen war und beim Optiker gerichtet werden konnte. Ich dagegen habe es geschafft, beim Absteigen meine Hose grossflaechig zu zerreissen. Um ein Haar haette ich halbnackt auf der Weide gestanden! Der Schaden konnte mit Hilfe eines Fetzens kambodschanischen Schals und meiner ausgefeilten Steppstich-Naehtechnik notduerftig geflickt werden.

Am naechsten Tag eroeffneten wir mit Lucia und Rodney die Kanu- und Badesaison am Rio Negro, an den die Estancia grenzt. Das Wasser war allerdings noch ziemlich kalt! Der Butzi zog es daher vor, sein Glueck beim Angeln zu versuchen, erst von einer kleinen Sandbankinsel und dann vom Kanu, leider heute ohne Erfolg. Tags zuvor hatte er immerhin einen "Pejerrey" (Aehrenfisch?!) an Land gezogen, bevor die voellig wasserverrueckten Hunde die Koederbaderei voellig unmoeglich machten. Den dreien beim Herumtollen zuzuschauen ist trotzdem eine Freude! Felipe, mit 10 Jahren der Aelteste und schon etwas humpelbeinig unterwegs, musste allerdings dabei einmal aus einer Zwangslage befreit werden. Die starke Stroemung des Flusses hatte ihn abgetrieben und er sass im Ufergestruepp fest - allerdings nur, weil er einen riesigen tonnenschweren Stock, den er den ganzen Tag gegen seine "Mitbewohner" verteidigt hatte, partout nicht loslassen wollte. Lucia eilte ihm im Kanu zu Hilfe, und ging beim Rettungsversuch beinahe noch selber baden, bis der Koeter endlich zur Aufgabe seines Holzpruegels zu bewegen war und in Sicherheit gebracht werden konnte. Den Abschluss unseres tollen Nachmittages am Fluss bildete eine etwa 3km lange Wanderung durch die laue Nacht zurueck zum Hof, denn Rodney hatte vergessen, den riesigen uralten Jeep aus den 60er Jahren aufzutanken...

Die naechsten Tage ist uebrigens wieder mal Diaet angesagt! Wir wurden naemlich von Hilda, der drallen rotbaeckigen Magd, mit reichhaltiger Hausmannskost vollverpflegt, und frische Landluft macht bekanntlich hungrig! Von der Spezialitaet "Unterzungenspeicheldruese" vom Grill hat uns allerdings ein kleines Stueck zum Probieren mehr als gereicht...

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Kommentare: 5
  • #1

    Valerie (Sonntag, 25 September 2011 15:29)

    Oh ich bin so abartig neidisch!

  • #2

    muddi (Montag, 26 September 2011 20:27)

    ich wünschte,da wäre ich dabeigewesen.schon wegen der hunde,klar-aber auch die pferde-hört sich sehr gut an.aber wo gibt es denn da in der pampa einen optiker?

  • #3

    alex (Montag, 26 September 2011 23:33)

    Die Sonnen oder normale Brille? Hoffe der feine Herr hat mind. die alte ersatzbrille mit;) oder das Honni-modell...Hatte heute Abgabe meiner Transferarbeit und kann endlich mal entspannt einschlafen:)

  • #4

    gerd (Mittwoch, 28 September 2011 20:02)

    hallo ihr lieben, endlich seid ihr wieder
    auf tour und habe euren bericht über das farmleben genossen bis denne .
    Gerd

  • #5

    muddi (Donnerstag, 29 September 2011 10:48)

    habe gerade die Muttertagskarte bekommen,ein Brüller,danke-und Caminito ist genau mein Ding,diese bunten Häuser sind ja wie in meinen Träumen,wenn ich ne Stadt bauen würde.Und Montevideo sieht aus wie die DDR,zumindest dieKarte. Spass und enjoy.Morgen ist 1jährige Gedenkfeier-Grossdemo-wegen Wasserwerfern und "Krieg" im Schlosspark.